Bruttonationaleinkommen
Bruttosozialprodukt (BSP) ist die veraltete (bis 1999 übliche) Bezeichnung für Bruttonationaleinkommen (BNE).
Inhaltsverzeichnis
Begriffsdefinitionen
Bruttonationaleinkommen (bis 1999 "Bruttosozialprodukt")
Das Bruttonationaleinkommen (BNE), bis 1999 auch Bruttosozialprodukt (BSP), englisch Gross National Product (GNP) bzw. Gross National Income (GNI), ist ein zentraler Begriff aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR). Es misst den Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einer Periode mithilfe von Produktionsfaktoren hergestellt werden, die sich im Besitz von Inländern befinden (alle von Inländern erwirtschafteten Einkommen, egal ob im Inland oder im Ausland erzielt). Dies ist gleichbedeutend mit den an Inländer geflossenen Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Vermögensbesitz (Zinsen und andere Kapitalerträge, nicht allerdings Einkommen aus Veräußerungsgeschäften), weshalb das Bruttonationaleinkommen als zentraler Einkommensindikator einer Volkswirtschaft gilt.
Atlas-Methode der Weltbank
Mit der Atlas-Methode berechnet die Weltbank das Bruttonationaleinkommen (BNE) in US$ je Einwohner im Vergleich verschiedener Staaten. Das Bruttonationaleinkommen ist die Summe der von allen Inländern erwirtschafteten Bruttowertschöpfung zuzüglich aller Gütersteuern (abzüglich Gütersubventionen), die nicht bei der Berechnung des Outputs berücksichtigt werden und zuzüglich Nettoeinnahmen aus Primäreinkommen im Ausland (Arbeitnehmerentgelte und Einnahmen aus Grundbesitz). Das Bruttonationaleinkommen in Landeswährung wird von der Weltbank gemäß der Atlas-Methode in US Dollar umgerechnet: Das jeweilige Bruttonationaleinkommen der einzelnen Länder rechnet man dabei mithilfe eines Faktors um, der sich am durchschnittlichen Wechselkurs der Landeswährung in den letzten drei Jahren orientiert sowie die Preisentwicklung im Land und im weltwirtschaftlichen Umfeld berücksichtigt. Dadurch wird der Einfluss von Wechselkursschwankungen stark gemildert und die Vergleichbarkeit der Daten verbessert. Die pro-Kopf-Berechnung erfolgt durch Division mit der Gesamtbevölkerung zur Jahresmitte.[1] [2]
Bruttoinlandsprodukt
Das Bruttoinlandsprodukt, in der Schweiz auch Bruttoinlandprodukt[3] (Abkürzung: BIP) gibt den Gesamtwert aller Güter, d. h. Waren und Dienstleistungen, an, die innerhalb eines Jahres innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft hergestellt wurden nach Abzug aller Vorleistungen.[4] Bei der Berechnung werden Güter, die nicht direkt weiterverwendet, sondern auf Lager gestellt werden, als Vorratsveränderung berücksichtigt.
Im Unterschied zum Bruttonationaleinkommen werden bei der Berechnung des BIP die Leistungen von In- und Ausländern erfasst, es wird das sogenannte Inlandsprinzip angewendet. Das Bruttonationaleinkommen hingegen richtet sich nach dem Inländerprinzip. Werden vom BIP die Abschreibungen abgezogen, ergibt sich das Nettoinlandsprodukt (NIP).
Das BIP ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum. Die Veränderungsrate des realen BIP dient als Messgröße für das Wirtschaftswachstum der Volkswirtschaften und ist damit die wichtigste Größe der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.[5]
Das Bruttoinlandsprodukt kann sich sowohl auf Staaten als auch auf andere administrative oder geografische Einheiten beziehen. Teilweise werden dann die Begriffe Bruttoregionalprodukt, Gross Provincial Product, Bruttoweltprodukt und andere verwendet.
Abgrenzung Bruttonationaleinkommen vom Bruttoinlandsprodukt
Das Bruttonationaleinkommen ähnelt dem Bruttoinlandsprodukt, unterscheidet sich jedoch dadurch, dass für das Bruttoinlandsprodukt das Inlandskonzept greift, während für das Bruttonationaleinkommen das Inländerkonzept gilt.
Dieser Unterschied lässt sich am einfachsten erklären, wenn man unterstellt, dass es nur einen Produktionsfaktor, z.B. Arbeit, gibt. Das Bruttonationaleinkommen misst dann den Wert aller Güter und Dienstleistungen, die von Personen hergestellt werden, die im betrachteten Staat bzw. Gebiet leben, unabhängig davon, wo die Arbeitsleistung erbracht worden ist. Dagegen misst das Bruttoinlandsprodukt den Wert aller Güter und Dienstleistungen, die im betrachteten Staat hergestellt wurden, unabhängig davon, wo die Arbeitnehmer wohnen. Die Leistung eines Arbeitnehmers, der in der Schweiz arbeitet, aber in Deutschland lebt, erscheint so im Schweizer Bruttoinlandsprodukt, aber im deutschen Bruttonationaleinkommen.
Für große Volkswirtschaften sind Bruttoinlandsprodukt und Bruttonationaleinkommen fast identisch, während es für kleine Volkswirtschaften erheblich auseinanderfallen kann. So beträgt das Verhältnis des Bruttonationaleinkommens zum Bruttoinlandsprodukt für Deutschland im Jahr 2009 1,014, für die Vereinigten Staaten 0,998. San Marino dagegen kommt auf ein Verhältnis von 0,85.
Zu beachten ist, dass das Inländerkonzept auf die Wohnbevölkerung abstellt, nicht auf die Staatsbürgerschaft. So werden auch Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die in Deutschland leben, dem deutschen Bruttonationaleinkommen zugerechnet, während deutsche Staatsbürger, die im Ausland leben, dort nicht eingerechnet werden.
Internationaler BSP-Vergleich
Bruttonationaleinkommen der größten Volkswirtschaften 2010, berechnet nach der Atlas-Methode:
Nr. | Staat | BNE (Mio. US-$) |
in % | BNE / Kopf (US-$) |
G7-Mitglied |
---|---|---|---|---|---|
1 | USA | 14.600.828 | 23,4 % | 44.837 | ja |
2 | Volksrepublik China | 5.700.018 | 9,1 % | 4.255 | nein |
3 | Japan | 5.369.116 | 8,6 % | 39.078 | ja |
4 | Deutschland | 3.537.180 | 5,7 % | 43.242 | ja |
5 | Frankreich | 2.749.821 | 4,4 % | 41.777 | ja |
6 | Vereinigtes Königreich | 2.399.292 | 3,8 % | 38.535 | ja |
7 | Italien | 2.125.845 | 3,4 % | 35.033 | ja |
8 | Brasilien | 1.830.392 | 2,9 % | 8.998 | nein |
9 | Indien | 1.566.636 | 2,5 % | 1.295 | nein |
10 | Spanien | 1.462.894 | 2,3 % | 31.735 | nein |
11 | Kanada (alte Daten) | 1.415.436 | 2,3 % | 28.972 | ja |
12 | Russland | 1.404.179 | 2,3 % | 9.896 | nein |
13 | Mexiko | 1.012.316 | 1,6 % | 8.903 | nein |
14 | Südkorea | 972.299 | 1,5 % | 19.908 | nein |
15 | Australien (alte Daten) | 956.912 | 1,5 % | 42.132 | nein |
16 | Niederlande | 826.491 | 1,3 % | 49.550 | nein |
17 | Türkei | 719.404 | 1,2 % | 9.758 | nein |
18 | Indonesien | 599.148 | 0,9 % | 2.522 | nein |
19 | Schweiz | 548.012 | 0,9 % | 69.838 | nein |
20 | Belgien | 493.526 | 0,8 % | 42.630 | nein |
25 | Österreich | 391.511 | 0,6 % | 46.584 | nein |
Welt | 62.364.113 | 100 % | 8.908 | ||
Quelle: Weltbank (PDF; 14 kB), Stand 1. Juli 2011 |
Bei direkten Vergleichen in US-Dollar ist zu beachten, dass manche Länder (in dieser Liste: China) ihre Währungen an den US-Dollar koppeln und damit unterbewertet sein können.
Wertschöpfung nach Sektoren
Beiträge zum BIP in %, Stand: 2013 (bzw. letzverfügbares Jahr)
In folgender Tabelle[6] werden unter "Industrie" die Sektoren Bergbau, Sachgütererzeugung und Energieversorgung zusammengefasst.
Land | Land- und Forstwirtschaft | Industrie | Bauwesen | Dienstleistungen |
---|---|---|---|---|
Belgien | 0,8 | 15,6 | 5,7 | 77,9 |
Deutschland | 0,8 | 25,5 | 4,7 | 69,1 |
Estland | 3,9 | 21,4 | 7,5 | 67,1 |
Finnland | 2,8 | 18,7 | 6,8 | 71,7 |
Frankreich | 1,8 | 12,8 | 6,0 | 79,4 |
Griechenland | 3,7 | 14,6 | 1,8 | 79,8 |
Irland | 1,9 | 26,3 | 1,7 | 70,2 |
Italien | 2,1 | 18,3 | 5,6 | 73,9 |
Lettland | 4,9 | 18,7 | 6,4 | 70,1 |
Luxemburg | 0,3 | 5,9 | 6,3 | 87,5 |
Malta | 1,6 | 12,8 | 4,1 | 81,6 |
Niederlande | 1,6 | 19,7 | 4,7 | 73,9 |
Österreich | 1,5 | 21,8 | 6,9 | 69,7 |
Portugal | 2,4 | 18,9 | 4,3 | 74,5 |
Slowakei | 3,0 | 26,7 | 7,6 | 62,8 |
Slowenien | 2,9 | 25,7 | 5,7 | 65,8 |
Spanien | 2,6 | 17,5 | 7,8 | 72,1 |
Zypern | 2,7 | 8,7 | 4,0 | 84,5 |
Eurozone (18) | 1,7 | 19,3 | 5,6 | 73,5 |
Bulgarien | 4,9 | 25,2 | 5,6 | 64,2 |
Dänemark | 1,5 | 16,8 | 4,6 | 77,1 |
Großbritannien | 0,7 | 14,6 | 6,1 | 78,7 |
Kroatien | 4,7 | 20,6 | 5,2 | 69,4 |
Litauen | 3,8 | 24,5 | 6,5 | 65,1 |
Polen | 3,8 | 24,7 | 6,5 | 65,0 |
Rumänien | 6,4 | 34,3 | 9,2 | 50,2 |
Schweden | 1,5 | 18,8 | 5,4 | 74,4 |
Tschechien | 2,4 | 31,8 | 6,0 | 59,9 |
Ungarn | 4,8 | 26,0 | 4,1 | 65,1 |
EU (15) | 1,5 | 18,4 | 5,6 | 74,6 |
EU (28) | 1,7 | 19,1 | 5,7 | 73,5 |
Island | 7,9 | 19,8 | 4,6 | 67,5 |
Mazedonien | 10,3 | 17,8 | 7,9 | 64,0 |
Montenegro | 8,8 | 12,4 | 5,5 | 73,3 |
Serbien | 11,4 | 25,3 | 3,3 | 62,6 |
Türkei | 9,2 | 22,6 | 5,0 | 63,2 |
Schweiz | 0,8 | 20,8 | 5,6 | 72,9 |
Norwegen | 1,5 | 34,6 | 6,2 | 57,6 |
USA | 1,2 | 16,2 | 3,7 | 78,8 |
Japan | 1,2 | 21,9 | 5,6 | 71,4 |
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Industriewertschöpfung 2013 im EU-Vergleich Anteil der Industrie an der Gesamtwertschöpfung in % |
Weitere Informationen
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, Erläuterungen BNE, Datenquelle: World Development Indicators, Weltbank, abgerufen am 19. Oktober 2014
- ↑ Wikipedia (englisch): Atlas-Methode
- ↑ Staatssekretariat für Wirtschaft der Schweiz SECO: "Das Bruttoinlandprodukt der Schweiz je Quartal von 2009 bis zum 2. Quartal 2014" gemäss ESVG 2010, abgerufen am 19. Oktober 2014
- ↑ wirtschaftslexikon.gabler.de, "Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst die Produktion von Waren und Dienstleistungen im Inland nach Abzug aller Vorleistungen." abgerufen am 22. April 2014.
- ↑ Statistisches Bundesamt: Bruttoinlandsprodukt (BIP), abgerufen am 20. April 2008.
- ↑ Internationaler Vergleich der Wertschöpfung nach Sektoren Beiträge zum BIP in %, WKO, PDF-Datei mit 2 Seiten und 43kB, Quelle: EUROSTAT, OECD Aktualisierung: Juni 2014]